Gustav Paul Vollrath
Gustav Paul Vollrath (* 22. Juli 1897 in Triebes/Thüringen; † 28. Januar 1976 in Teichwolframsdorf bei Greiz) war ärztlicher Missionar in Russland und Turkestan sowie Reiseprediger der Offenen Brüdergemeinden in der DDR.
Leben
Gustav Paul Vollrath wurde am 22. 7. 1879 in Triebes/Thüringen geboren und besuchte dort die Volksschule. Anschließend lernte er das Handwerk eines Buchdruckers. Von 1884 bis 1894 ging er an das Technikum für Buchdrucker in Leipzig. In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit dem Erlernen von Englisch, Französisch und Latein. Im September 1897 fand er in Triebes zum Glauben. In Leipzig lernte er die Offenen Brüdergemeinden kennen und ließ sich dort taufen. Bald darauf erlebte er die Heilung von einer schweren Darmerkrankung durch Gebet nach Jakobus 5. Das bewegte ihn dazu, ganz in den Verkündigungsdienst zu gehen. Darum besuchte er als einer der ersten Bibelschüler die 1905 neugegründete Allianzbibelschule in Berlin. Am Ende der Bibelschulausbildung ging er nach England und unterzog sich einer missionsärztlichen Ausbildung. Seine spätere Frau ließ sich dort zur gleichen Zeit als Hebamme ausbilden. Im Sommer 1909 kehrte er aus England zurück, besuchte in Bad Blankenburg die Allianzkonferenz und vom 7. bis 13. Oktober 1909 war er zu Gast bei Johannes Warns in Berlin. Im gleichen Monat heiratete er Anna Wolff.
Ab Mai 1910 gingen sie nach Samara/Russland und ein Jahr später nach Taschkent in Turkestan in die Mission unter den Sarten. Hier war das Ehepaar Vollrath bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor allem in der ärztlichen Mission tätig. 1914 bis 1919 waren sie als Deutsche in Sibirien interniert, konnten aber auch dort medizinisch tätig sein. Wegen einer schweren Malariaerkrankung wurde Paul Vollrath 1919 gestattet, mit seiner Familie in das Pawlodaer Gebiet am Irtysch umzuziehen. 1921 kehrte er dann schließlich mit seiner Frau und vier Kindern nach Triebes zurück, wo ihnen später noch ein fünftes Kind geboren wurde. Einer seiner Söhne ist im Zweiten Weltkrieg gefallen und einer ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten und Arzt geworden.
Auch hier in Triebes blieb Paul Vollrath im „Werk des Herrn“ tätig, versuchte nebenbei mit seinen medizinischen Kenntnissen zu helfen und wurde nach einigen Jahren in den vollzeitlichen Reisedienst der Brüdergemeinden berufen. Im September 1932 beispielsweise kam Paul Vollrath für eine Woche nach Wiedenest und hielt einen Vortrag über die Situation der Christen in Rußland. Einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg starb seine Frau (ca. 1956/57). Paul Vollrath heiratete dann die Schwester seiner ersten Frau, Minna Wolff, die aber am 30. Dezember 1973 in Triebes starb. Den Reisedienst führte Paul Vollrath schon vor Beginn des Zweiten Weltkrieges nicht mehr im vollen Umfang aus, diente aber der Gemeinde in Triebes viele Jahre als Gemeindeleiter und Prediger. In den letzten Jahren seines Lebens konnte er allerdings am Gemeindegeschehen nicht mehr teilnehmen. Die Jahre nach dem Heimgang seiner zweiten Frau waren eine schwere Zeit des Alleinseins und der Einsamkeit. Drei Wochen vor seinem Heimgang wurde Bruder Paul Vollrath in das Krankenhaus nach Teichwolframsdorf bei Greiz eingewiesen. Noch drei Tage vor seinem Tod hoffte er, geheilt nach Hause zu kommen. Doch am 28. Januar 1976 starb er im Alter von 97 Jahren in Teichwolframsdorf und wurde dann in Triebes beerdigt. (Hartmut Wahl)
Quellen
Geburtsurkunde Stadtarchiv/Standesamt Zeulenroda-Triebes 1879/10.
Heiratsurkunde Standesamt Zeulenroda-Triebes 1958/22.
Briefe von Margarete Scheibe an Hartmut Wahl vom 29.11. und 8.12.2021.
Literatur
Berichte aus seiner Arbeit in Mitteilungen aus der Bibelschule, Juli 1907, Beilage, S. 3; Juli 1907, Beilage, S. 3.4 und Oktober 1909, S.4.
Bericht aus seiner Arbeit in Turkestan in Offene Türen, 1919/6, S. 85f.
E. T.: „Nun, Herr, entläßt du deinen Diener in Frieden“ (Nachruf), in: Wort und Werk, 1976/4, S. 9.
Jordy, Gerhard: Brüderbewegung, Band 3 (1986), S. 381.
Wahl, Hartmut (Hg.): Aufzeichnungen und Erinnerungen von Johannes Warns, Band 1 (2021), S. 280, 311.348.389 und Band 2 (2021), S. 45.91.104.370.571f.