Rupert Maria Ostermann
Rupert Maria Ostermann (* 1889 in Steyr/Oberösterreich; † 13. Mai 1980 in Wien) war ursprünglich katholischer Priester, seit 1918 Baptist. Als ein „begabter, volkstümlicher Evangelist“ (Franz Graf-Stuhlhofer, Festschrift 2005, 40) war er in Sibirien, Österreich und Südosteuropa tätig.
Leben
1909-1913 war er Reisebegleiter beim Fürsten Auersperg und erhielt eine Ausbildung zum katholischen Priester. 1914 musste er seinen Kriegsdienst leisten und kam 1915 in russische Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung bekehrte er sich in Omsk/Westsibirien durch deutschsprachige Mennoniten. 1918 empfing er die Taufe und wurde Mitglied der deutschen Baptistengemeinde Hoffnungstal-Omsk/Sibirien. 1919 heiratete er Maria Schröder in Reinfeld/Omsk. Sie bekamen vier Kinder. Er nahm teil an Predigerkursen in Hamburg und wurde 1922 zum Prediger berufen. Er arbeitete als Volksschullehrer in deutschen Schulen und von 1924 bis 1929 als Prediger in deutschsprachigen Gemeinden Russlands durch Vermittlung von Carl Füllbrandt. Im März 1929 wurde er in Hoffnungstal ordiniert. Wegen seiner missionarischen Tätigkeit verhafteten ihn die Bolschewiken im Dezember 1929 und brachten ihn nach Omsk, wo auch viele lutherische und katholische Geistliche in Haft waren. Er galt den Behörden als „lästiger Ausländer“. Nach 7 Monaten Haft wurde er auf Intervention der österreichischen Regierung 1930 nach Österreich ausgewiesen zusammen mit seiner Familie. Er schloss sich der Baptistengemeinde Wien-Mollardgasse an. Von deutschsprachigen Baptisten Nordamerikas bezog er ein kleines Gehalt und konnte somit als Prediger tätig sein. Seine Arbeit galt dem Aufbau einer Hausgemeinde der Gemeinde Wien, der Mitarbeit in den anderen Hauskreisen und von 1931-1938 war er Reisemissionar in den Donauländern. 1930-1958 diente er als Prediger der Gemeinde Wien-Hütteldorf, die er weiter aufbaute. Die Gemeinde wurde 1947 selbständig und erhielt 1949 eine eigene Kapelle. Er gehörte zu den Mitgründern des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich 1948. 1952 wurde Rupert Ostermann zum Vorsitzenden der Wiener Vereinigung gewählt und von 1953 bis 1960 war er zusammen mit Arnold Köster Mitglied der 1. Bundesleitung der österreichischen Baptisten. Nach 28jährigem Dienst ging Ostermann 1958 in den Ruhestand. (RF)
Quellen/Veröffentlichungen
Täuferbote (Tb) 7/8/1930, S. 7; 11/1930, S. 3f; 12/1931, S. 7.
Über seine Zeit in Sibirien: Tb 11/1930, S. 4f; 12/1930, S. 4; 1/1931, S. 2; 2/1931, S. 3; 3/1931, S. 7; 10/1931, S. 2; 11/1931, S. 2; 3/1932, S. 2; 8/1932, S. 2f; 8/1933, S. 2f; zum Teil wieder abgedruckt in: R. Fleischer und F. Graf-Stuhlhofer (Hg), Theologie und Politik bei deutschsprachigen Baptisten in Südosteuropa. Dokumentation aus der Zeitschrift „Täufer-Bote“ 1930-42, Bonn 2021, S. 315ff.320f.
Über seine Reisemissionstätigkeit in den Donauländern: Tb 4/1931, S. 7; 8/1931, S. 5f; 12/1931, S. 14; 1/1932, S. 7; 9/1932, S. 6; 8/1933, S. 7; 11/12/1933, S. 9; 6/7/1934, S. 10.
Große Trauer im Diakonissenhaus „Bethel“ in Berlin-Dahlem, in: Täuferbote Dezember 1934, S. 5 (Zum Tod von Friedrich Füllbrandt).
Über Wien-Hütteldorf: Tb 2/1938, S. 6.
Nachruf Magdalena Füllbrandt, in: Täuferbote Februar 1940, S. 5-7.
Nachruf (auf Arnold Köster), in: Der Sendbote. Organ der nordamerikanischen Baptisten, 29. Dezember 1960, S. 23f.
Literatur
J. Meister (Hg), Bericht über den Kongress der Europäischen Baptisten 26.-31.Juli 1958 in Berlin, Kassel 1959, S. 232; Nachruf von Horst Fischer in: Die Gemeinde 28/1980, S. 14; Friedrich Georg Teutsch, Ein Leben nur. Geschichte der Gemeinde deutscher Baptisten: Kronstadt, Sindelfingen 1999, S. 52-55; Franz Graf-Stuhlhofer, Von der „Grenze des Möglichen“ im Dritten Reich. Kritik am Nationalen in der einzigartigen Predigtsammlung des Wiener Baptisten-Pastors Arnold Köster, in: Geschichte und Gegenwart. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Gesellschaftsanalyse und politische Bildung, Graz 18/1999, Heft 1, S. 16;
ders., Öffentliche Kritik am Nationalsozialismus im Großdeutschen Reich. Leben und Weltanschauung des Wiener Baptistenpastors Arnold Köster (1896-1960), Neukirchen-Vluyn 2001, Register; ders. (Hg), Frisches Wasser auf dürres Land. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich (Baptismus-Studien 7), Kassel 2005, S. 2.40.55f.119.123.124.127.128.131.162.168.178.215; Manfred Folk, Ein Leben für andere. Prediger-Ehepaar Hans und Anny Folk, Lörrach 2006 (Privatdruck), S. 27; Franz Graf-Stuhlhofer, Deutschsprachige Baptisten in Südosteuropa im Jahr 1930, in: Dietmar Lütz (Hg), „Die Bibel hat die Schuld daran“. Festschrift zum 175. Jubiläum der Oncken-Gemeinde Hamburg, Hamburg 2009, S. (191-225) 197.198.201.203;
Franz Graf-Stuhlhofer, Die Evangelische Allianz Wiens in dunklen Zeiten. Über CVJM, Juden- und Volksmission sowie Volks- und Freikirchen bis 1945, Nürnberg 2015, S. 31; F. Graf-Stuhlhofer, Widerständiges Verhalten österreichischer Freikirchler während der NS-Zeit, in: Freikirchenforschung 27/2018, S. (74-81) 78; Veit Claesberg, Der pastorale Leiter als Prophet. Der Baptistenprediger Arnold Köster (1896-1960) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus (Baptismus-Dokumentation 8), Elstal/Norderstedt 2018, S. 125.126.127.129; R. Fleischer und F. Graf-Stuhlhofer (Hg), Theologie und Politik bei deutschsprachigen Baptisten in Südosteuropa. Dokumentation aus der Zeitschrift „Täufer-Bote“ 1930-42, Bonn 2021, S. 11.307f.311.
Bildnachweis: Archiv Roland Fleischer